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Generationswechsel: nicht den Nachfolger ausbremsen

Oft verlieren Familienbetriebe an Fahrt, weil der Senior aus Angst vor Machtverlust an Firmenanteilen und Führungsverantwortung klebt. Besser wäre es, Kandidaten mit ausgeprägten unternehmerischen Fähigkeiten gezielt auszuwählen und aufzubauen sowie sie rasch ans Steuer zu lassen.

Text: Moni­ka Hofmann


Im Rück­blick wirkt der Gen­er­a­tionswech­sel so logisch wie leicht. „Von Anfang an haben wir das Unternehmer­tum mit­bekom­men“, sagt Tobias Schmid, der vor ein paar Jahren mit Schwest­er Ina die Leitung der auf elek­tro­n­is­che Sicher­heitssys­teme spezial­isierten Schmid Alarm GmbH in Stock­dorf bei München mit 60 Mitar­beit­ern über­nahm. Ihre Eltern Rudolf und Uta Schmid lebten kon­se­quente Kun­de­nori­en­tierung vor, wenn sie Aufträge für Anla­gen zur Brand- und Ein­bruchsmeldung, zur Videoüberwachung oder für Zutrittskon­trolle und Sicher­heits­man­age­ment bear­beit­eten. Außer­dem förderten sie die Qual­i­fizierung der poten­ziellen Nach­fol­ger abseits des Betriebs: Ina machte den Abschluss als Betrieb­swirtin und arbeit­ete in ein­er Steuerkan­zlei, Tobias nach dem Diplom als Wirtschaftsin­ge­nieur in der Mobil­funkbranche. Von den Erfahrun­gen prof­i­tieren die bei­den jet­zt, Ina als Geschäfts­führerin für den kaufmän­nis­chen, Tobias als Geschäfts­führer für den tech­nis­chen Bereich.

Nicht jed­er Fam­i­lie gelingt es, die Fir­ma so in der Erfol­gsspur zu hal­ten. Bis 2018 ste­hen laut Insti­tut für Mit­tel­stands­forschung (IfM) in Bonn rund 100.000 Über­gaben an. Nur ein klein­er Teil davon werde umfassend vor­bere­it­et, fürchtet Jür­gen Rilling, Lehrbeauf­tragter der Lud­wig-Max­i­m­il­ians-Uni­ver­sität München. Vie­len Senioren unter­laufen – oft aus Uner­fahren­heit, aber auch aus Beratungsre­sistenz – gle­ich mehrere Kar­di­nalfehler, die für den Betrieb das Aus bedeuten kön­nen (siehe Kasten).

Senioren übergeben zögerlich

Rilling hat mit der Tech­nis­chen Uni­ver­sität den Gen­er­a­tionswech­sel in 250 Unternehmen analysiert: „Zwar wis­sen die meis­ten, dass sie bessere Präven­tion betreiben soll­ten, aber sie sind auf das Auss­chei­den des Chefs nicht vor­bere­it­et.“ Obwohl sie erken­nen, wie entschei­dend eine rechtzeit­ige Nach­fol­geregelung für das wirtschaftliche Über­leben ist, übergeben viele Senioren nur zögernd. Kün­ftig dürfte das The­ma aber pro­fes­sioneller ange­gan­gen wer­den, hofft Rilling: „Auch bei der Nach­folge geht der Trend zur Nach­haltigkeit: Dieses Ziel ste­ht inzwis­chen an erster Stelle – vor der Erlös­max­imierung.“ Als wichtig für eine gelun­gene Stabüber­gabe gel­ten vor allem die Trans­parenz gegenüber dem Nach­fol­ger und eine pro­fes­sionelle Planung.

Das lief bei Schmid Alarm gut. Nach ihren exter­nen Tätigkeit­en stiegen Ina und Tobias in den Betrieb ein und schwammen sich fünf Jahre frei. Zug um Zug über­nah­men sie Ver­ant­wor­tung. Ina arbeit­ete sich im ersten Jahr in das Auf­trags- und Ange­botswe­sen, die Lohn- und Finanzbuch­hal­tung sowie das Wartung­spro­gramm ein. Tobias war für Pro­jek­te sowie Mitar­beit­er- und Kun­denge­spräche zuständig. Im zweit­en und drit­ten Jahr übertru­gen die Eltern einige Teil­bere­iche auf die Geschwis­ter, die im vierten und fün­ften Jahr die Gesamtver­ant­wor­tung über­nah­men. Und die Philoso­phie der Eltern, so Ina: „Beson­ders wichtig sind für uns die Mitar­beit­er, deren Spezial­wis­sen wir schätzen und weit­er aus­bauen wollen, denn für uns geht Qual­ität immer vor Quan­tität.“ Die offizielle Über­gabe feierte die Fam­i­lie Schmid mit einem großen Fest, zu dem Liefer­an­ten, Kun­den und Part­ner ein­ge­laden waren.

Patriarchat ist oft ein Problem

Schlecht vor­bere­it­et, wird so eine Über­gabe oft zur Zer­reißprobe. „Ger­ade in kleinen und mit­tleren Fir­men kann die Eltern­gener­a­tion sel­ten loslassen“, so Pro­fes­sor Bernt May­er, Pro­fes­sor für Per­sonal­man­age­ment und Unternehmensführung an der Ost­bay­erischen Tech­nis­chen Hochschule Amberg-Wei­den (OTH AW). „Mit ein­er frühzeit­i­gen und über­legten Pla­nung kön­nen Fir­menchefs und ihre Nach­fol­ger diese schwie-rigen Prozesse jedoch meis­tern.“ May­er hat viele mit­tel­ständis­che Stab­wech­sel begleit­et. Seine wichtig­ste Erken­nt­nis: Wer das meist vorherrschende Patri­ar­chat zu einem stärk­er mitar­beit­eror­i­en­tierten Stil weit­er­en­twick­elt, nimmt so die größte Hürde.

Im Ide­al­fall klären die Eltern fünf bis zehn Jahre vor dem Wech­sel, wer den Betrieb übernehmen soll, sodass der Nach­wuchs seine Aus­bil­dung entsprechend wählen und intern wie extern Erfahrun­gen sam­meln kann. Eine Kom­pe­ten­z­analyse, die Fähigkeit­en und Entwick­lungsmöglichkeit­en der poten­ziellen Nach­fol­ger beleuchtet, hil­ft bei der Auswahl des richti­gen Kan­di­dat­en in der Fam­i­lie. Voraus­set­zung dafür ist jedoch, dass Eltern und Kinder vor­ab strate­gis­che Ziele für das Unternehmen und per­sön­liche Entwick­lungspläne für alle Beteiligten erar­beit­en. Auf dieser Basis lassen sich dann Anforderun­gen an die jew­eili­gen Qual­i­fizierun­gen ableiten.

„Beson­ders wichtig ist außer­dem, einen struk­turi­erten Über­gabe­plan zu entwick­eln“, so May­er. Zwar sei vorüberge­hende Par­al­le­lar­beit sin­nvoll, doch junge und alte Gen­er­a­tion müssten ihre Kom­pe­tenzbere­iche abgren­zen: „Am besten übernehmen die Kinder rasch das oper­a­tive Geschäft, während sich die Senioren auf repräsen­tierende Auf­gaben wie die Net­zw­erk- und Lob­b­yarbeit zurückziehen.“

Ruhig Externe ans Ruder lassen

Frühzeit­ig in die Nach­fol­ge­pla­nung ein­be­zo­gen wer­den müssen auch Steuer­ber­ater und Recht­san­walt. Nur mit ihrer Unter­stützung lassen sich die richti­gen finanziellen sowie steuer­lichen Lösun­gen für eine möglichst rei­bungslose Über­gabe find­en und dann wasserdicht in Ver­trags­form fassen. Die Experten kön­nen auch wertvollen Rat geben sowie ihre Kon­tak­te nutzen, falls in der Ver­wandtschaft kein passender Kan­di­dat gefun­den wird und ein Fam­i­lien­fremder übernehmen soll. Das kann der Man­ag­er eines anderen Betriebs sein, aber auch ein unternehmerisch fähiger eigen­er Mitar­beit­er. „Interne Lösun­gen funk­tion­ieren oft bess­er und nach­haltiger als externe, denn die Beschäftigten ken­nen den Betrieb und brin­gen meist eine hohe Moti­va­tion mit“, argu­men­tiert Pro­fes­sor Mayer.

Sechs Kardinalfehler

Was Sie bei der Nach­folge keines­falls tun dürfen

Zu spät begin­nen: Pla­nung und Umset­zung des Gen­er­a­tionswech­sels dauern gut zehn Jahre. Erweist sich etwa der Wun­schkan­di­dat doch als ungeeignet, braucht es Zeit für die Suche eines anderen Nachfolgers.

Erbrecht vergessen: Bei mehreren Kindern oder Patch­work­fam­i­lien ist ein Tes­ta­ment Pflicht, denn ohne gilt das Erbrecht. Dann muss etwa der, der den Betrieb übern­immt, die Geschwis­ter sofort voll auszahlen.

Kinder bevorzu­gen: Sollen sie auch ohne unternehmerische Begabung unbe­d­ingt an die Spitze, fährt der Betrieb an die Wand. Gibt es in der Fam­i­lie keinen Nach­fol­ger, kön­nen Mitar­beit­er oder Externe einsteigen.

Mitar­beit­er ignori­eren: Nur wenn der Nach­fol­ger rechtzeit­ig vorgestellt wird, kann er mit sein­er Per­son und seinen Plä­nen überzeu­gen. Regeln Sie, sobald der Kan­di­dat aus­gewählt ist, wer wann welche Ver­ant­wor­tungs­bere­iche übern­immt – und teilen Sie dies allen Beschäftigten mit.

Weit­er mit­mis­chen: Der Senior klebt am Tages­geschäft, der Junior ver­fol­gt schon seine Pläne, es kommt zum Stre­it. Kurzes Par­al­le­lar­beit­en zur Über­gabe ist bei abge­gren­zten Auf­gaben sin­nvoll. Aber der Senior sollte sich rasch zurückziehen und nur als Berater zur Ver­fü­gung stehen.

Investi­tio­nen ver­schlep­pen: Viele über­gabe­wil­lige Chefs gehen wichtige The­men nur halb­herzig an, obwohl der Nach­fol­ger noch gar nicht ange­treten ist. Oft unterbleiben wichtige Entschei­dun­gen. Bei Finanzierungs­the­men dro­hen so schnell exis­tenzbedro­hende Finanzierungslücken. 


Bei Fra­gen sprechen Sie uns gerne an.


Quelle: TRIALOG, Das Unternehmer­magazin Ihrer Berater und der DATEV, Her­aus­ge­ber: DATEV eG, Nürn­berg, Aus­gabe 02/2016

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